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Nachhaltigkeit

Von der grauen Energie zur "goldenen Energie"

Die klimafreundliche Schaffung von Wohnraum erfordert eine neue Umbaukultur. Gefordert sind Mut, Kreativität und der Gesetzgeber.
Lesedauer: 2
Veröffentlicht: 21.09.2023
Antonia Kreid
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Die gegenwärtige Diskussion über den Klimawandel und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen hat auch den Blick auf den Baubereich gelenkt. Schätzungen des United Nations Environment Programm gehen davon aus, dass der Gebäudesektor weltweit für 47-53% der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Fast die Hälfte dieser Emissionen (43%) stammen aus der Bauindustrie selbst und gehen auf die Herstellung von Baumaterialien, den Transport und den Bauprozess zurück. Weitere 36% dieser Emissionen werden von Wohngebäuden durch ihren Energiebedarf verursacht, während der verbleibende Anteil auf Gebäude mit anderer Nutzung entfällt. 

Vor diesem Hintergrund bemühen sich weltweit viele Initiativen um neue Wege in der Immobilienwirtschaft. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Umgang mit vorhandenen Bauwerken, deren gespeichertes Potenzial auch als „graue Energie“ bezeichnet wird. Die deutsche Bundesstiftung Baukultur hat in ihrem aktuellen Bericht den Begriff "goldene Energie" geprägt. Damit wird betont, dass Bestandsgebäude mehr repräsentieren als bloße materielle Strukturen; sie sind Träger von Geschichten, Traditionen und kulturellem Erbe. Jeder Ort und jedes Gebäude haben ihre eigene einzigartige Geschichte, die eng mit den Menschen verbunden ist, die dort gelebt, gearbeitet und Zeit verbracht haben. 

Die Förderung einer neuen Umbaukultur, die diese kulturellen und historischen Werte schätzt und bewahrt, ist entscheidend. Bestandsgebäude sind oft organisch in städtebauliche Kontexte eingebunden und bieten ein besonderes Identifikationspotential. Ihr Erhalt und ihre Weiterentwicklung können zur Erhaltung der kulturellen und städtebaulichen Vielfalt beitragen. 

Zusätzlich zur kulturellen Bedeutung gibt es handfeste ökologische Gründe für den Erhalt von Bestandsgebäuden. Bisherige Vorschriften und Förderprogramme konzentrierten sich in erster Linie darauf, den Energiebedarf von Gebäuden im Betrieb zu reduzieren. Die Emissionen, die bei der Herstellung von Baumaterialien und der Errichtung eines Gebäudes entstehen, wurden oft vernachlässigt, obwohl diese auch bei Niedrigenergiehäusern mehr als die Hälfte der gesamten Emissionen im Lebenszyklus ausmachen. Die sorgfältige Sanierung und Modernisierung von Bestandsgebäuden können daher nicht nur den Ressourcenverbrauch und das Abfallaufkommen verringern, sondern auch einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten. 

„Für die Bauordnung ist der Neubau noch immer der Normalfall. Das muss sich ändern.“  

Dazu sind jedoch nicht nur Entschlossenheit bei Investoren sowie Kreativität bei Planung und Gestaltung erforderlich, sondern auch Anpassungen in den bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Robert Temel, Sprecher der Plattform Baukulturpolitik sieht daher auch die Politik gefordert: „Wenn man ein altes Gebäude umbaut, muss man plötzlich sämtliche Sicherheitsrichtlinien, die in den letzten 150 Jahren dazu gekommen sind, in dem alten Gebäude umsetzen. Die Bauordnung behandelt den Neubau immer noch als Normalfall. Ähnliches gilt für das Mietrecht, in dem Änderungen nötig sind, damit für Immobilienbesitzer die zum Beispiel die Sanierung von Heizungssystemen attraktiv wird.“   

Immobilien-Investments wie Bauherrenmodelle liegen mit ihrer Konzentration auf Sanierung und Modernisierung bestehender Wohnimmobilien damit weiter voll im Trend. Die Branche erwartet stabiles politisches Interesse an privater Beteiligung und attraktive Rahmenbedingungen wie Förderungen und Steuervorteile. Genug zu tun gibt es sowieso – gut 40% der Bestandsgebäude brauchen ein Update für Mensch und Klima.   

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